Haushaltsrede Kreistag der SPD-Fraktion, Haushalt (HH) 2021

Veröffentlicht am 21.01.2021 in Aktuelles

Sehr geehrter Herr Landrat!
Sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Mit einem Schlag versetzte die Covid-19 Pandemie die Welt in den Ausnahmezustand. Ein Virus, das nicht bekannt und erforscht war und ist, legt das öffentliche Leben lahm. Wir befinden uns derzeit im zweiten „Lockdown“ und keiner weiß, wie die wirtschaftlichen und
soziale Folgen aussehen werden. 

Die Auswirkungen auf künftige Haushalte sind bereits ersichtlich und werden im Laufe des aktuellen Haushaltsjahrs noch deutlicher werden.
Aufgrund zu erwartender Einnahmeeinbrüche in den Haushalten unserer Städte und Gemeinden, senken wir die Kreisumlage auf 29 Prozentpunkte, um die Kommunen an dieser Stelle zu entlasten und dabei dennoch mit unseren beschlossenen Investitionen in einer Rekordhöhe von 27,5 Mio Euro hauptsächlich in Infrastruktur und Bildungseinrichtungen dem Kreisauftrag für unsere Bürgerinnen und Bürger gerecht zu werden.

Beim Breitbandausbau schließen wir die weißen Flecken in unserem Landkreis und investieren dazu 4,9 Mio. Euro. Gerade in „Lockdown-Zeiten“ hat sich gezeigt, wie wichtig die Digitalisierung ist. Noch vor ein paar Jahren wären Homeoffice-Plätze in der Fläche so nicht möglich gewesen, Homeschooling undenkbar!

Der Kreis hat diesbezüglich für die Schulen, in seiner Zuständigkeit, rechtzeitig und zukunftsorientiert gehandelt, beispielgebend für die in kommunaler Verantwortung zu führenden, allgemeinbildenden Schulen.

Mittlerweile zu einem Allgemeinplatz geworden, dass Bildung für den Wohlstand unseres Landes eine der wichtigsten, wenn nicht sogar die wichtigste Ressource darstellt.
Deshalb nehmen wir nach Fertigstellung der Berufsschule in Bad Mergentheim, mit der Generalsanierung des Berufsschulzentrums in Wertheim, ein weiteres Großprojekt in Angriff. 
Die Gesamtinvestitionssumme beläuft sich dabei nach aktuellen Berechnungen auf 44,8 Mio. Euro, eine Zahl, die überrascht und auf Mängel in der Planung hinweist, da man bei den ersten Erhebungen von weniger als der Hälfte ausging. Nur daran, dass das Bauen sich ständig verteuert, kann es nicht liegen.
Gerade innerhalb der Baubranche, die selbst in der gegenwärtigen Krise keine großen konjunkturellen Probleme kennt, was erst kürzlich in den FN nachzulesen war, ist es wichtig und richtig, Gewerke und Kostengruppen auf Einsparpotenziale zu überprüfen, nötigenfalls auch durch externe Büros, wie dies gerade für diese Maßnahme in Wertheim geschieht.
Denn wir alles wissen auch, dass auch das Berufsschulzentrum Tauberbischofsheim noch zur Sanierung ansteht und wir das nicht unendlich schieben können.

Weitere hohe Investitionen von insgesamt 3,51 Mio Euro tätigt der Kreis im Straßen und Brückenbau, um auch dort den vorhandenen Stau weiter abzubauen. 

2,93. Mio. fließen im Haushaltsjahr noch in die Gemeinschaftsunterkunft für Asylberber in Bad Mergentheim. Diese Maßnahme soll damit weitestgehend abgeschlossen sein.

Weiter investieren werden wir in das kreiseigene teure Kleinod Kloster Bronnbach
Für den Umbau des Bursariat II stehen im Jahr 2021 1,5 Mio. Euro im Plan.
Mit der Verpachtung der Gastronomie an Herrn Gravius haben wir uns seinerzeit auch verpflichtet, die Hotelkapazität um 28 Zimmer im Bursariat II zu erhöhen und den Kopfbau der Fruchtscheune auszubauen.
Die Gesamtinvestitionen belaufen sich nach derzeitigem Stand auf ca. 8 Mio. Euro.

Seit einem Jahr ist Kloster Bronnbach in den Kernhaushalt eingegliedert. Die beschlossenen Einsparungen zeichnen sich jedoch nicht ab. Hier und vor allen Dingen in Bezug auf die Zuständigkeiten des Pächters und der Kreisverwaltung gilt es Schnittstellen genau zu definieren und Kompetenzen zu klären. Dasselbe gilt aktuell für vertragliche rechtliche Situation, um ungewollte Vertragsbrüche zu vermeiden.
Darüber hinaus muss der Kreistag klar festlegen, welches Kulturangebot wir als Kreis anbieten wollen. Es bleibt zu diskutieren, ob wir weiterhin hoch defizitäre Veranstaltungen durchführen, oder doch auf Alternativen zurückgreifen sollten.   
Ich bin davon überzeugt, dass ein angemessenes und gutes Kulturangebot mit Kooperationspartnern aufrechterhalten werden kann. 

Und letztlich stellt sich noch die Frage, ob der Landkreis eine Vinothek und einen Klostershop betreiben sollte.  Auch und gerade an dieser Stelle bedarf es noch klärender Gespräche.

Sozialhaushaushalt 

Fast schon wie ein Naturgesetz mutet die jährliche Ausgabesteigerung im Sozialhaushalt an.
Diese Steigerung ist jedoch vielfältigen Ursachen geschuldet, die nicht im Ermessen der HHPlaner liegen, sondern den gesellschaftlichen und gesetzgeberischen Veränderungen Rechnung tragen.
Dennoch sei den Populisten widersprochen, die darin den Untergang des Abendlandes sehen. Denn weder in zurückliegenden Zeiten, noch aktuell, hat es eine Regierung
geschafft, Armut oder prekäre Verhältnisse zu vermeiden, oder gar ganz zu überwinden. 
Auch verkennt die Formulierung „Die Kinder und Jugendhilfen“ seien der „Reparaturbetrieb“ unserer Gesellschaft die Situation. Denn mehr als 90 % unserer Kinder und Jugendlichen wachsen in geordneten und behüteten Verhältnissen auf. 

Staatliche Kinder- und Jugendhilfen sind absolut notwendig für diejenigen, die sie erkennbar benötigen, so dass an dieser Stelle das Sozialstaatsgebot des Grundgesetztes greifen muss.

Diesem Gebot kommt der Teilhaushalt 4 des Kreishaushaltes in entsprechender Sorgfalt und mit Weitblick nach.  Die Zuschüsse in den Kinder- und Jugendhilfen, die sogar eine minimale Ersparnis gegenüber dem Jahr 2020 erfahren, sind in ihren einzelnen Produktgruppen an berechenbaren Größen, Fallzahlen und Erfahrungswerten überlegt ausgerichtet, geplant und haushalterisch eingeordnet. 

Erfreulich bleib dabei festzustellen, dass sich die Aufwendungen für „Förderung der Erziehung in der Familie“ voraussichtlich verringern werden und davon ausgegangen werden kann, dass die Fallzahl von Kindern in Notsituationen sinken wird. 

Positiv auch, dass sich die Anzahl der UMA, der unbegleiteten minderjährigen Ausländer, die Unterstützung durch die „Hilfe für junge Volljährige“ erfuhren, aus dieser staatlichen Leistung in den eigenen Unterhalt, sei es durch Ausbildung oder Beruf, entlassen werden konnten gesunken ist und sich der Zuschussbedarf dieser Produktgruppe deutlich verringert.

Dagegen erfordert die „Hilfe zur Erziehung“, bedingt durch die Mehrkosten bei stationärer Unterbringung und der daraus folgenden zusätzlichen Leistungen und Kosten des pädagogischen Personals, einen nicht unerheblichen Mehraufwand.

Insgesamt darf ich dem Jugendamt für seine ausgewogenen, planerischen und an den gesellschaftlichen Veränderungen angepassten Überlegungen ein Lob aussprechen, das auch für die weiteren Ansätzen des Sozialhaushaltes gilt.

Zwar wird, wie Frau Krug in ihrem Vortrag erwähnte, die „Schallmauer“ von insgesamt 
80 Mio. Euro Aufwendungen für Soziales (Transferaufwand 80,1 Mio.) überschritten, 
jedoch durch erhöhte Erträge kompensiert, so dass sich der Zuschussbedarf des Kreises 
auf insgesamt 49 Mio. Euro beläuft.
Das sind Aufwendungen, die wie oben erwähnt, notwendig und entsprechend dem politischen Willen, als Pflichtaufgaben, durch z.T. auch neue gesetzliche Vorgaben zu erfüllen sind. 

Dabei ergeben sich zwangsläufig in vielen Bereichen Erhöhungen, sei es im Zuge „Sozialer Sicherung, Teilhabe und Integration“, durch weitere Bestimmungen des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) in Form individueller Leistungen aufgrund individueller Bedarfsermittlung, oder im Bereich der „Hilfe zur Pflege“ durch höhere Fallzahlen und der sog. Angehörigenentlastung, wonach sich Kinder von Pflegebedürftigen mit einem Jahresverdienst von unter 100 000.- Euro nicht mehr an den Kosten der Pflege beteiligen müssen.

An dieser Stelle ist Politik gefordert, Kosten und Abläufe der Pflege zeitnah neu zu überdenken und neu zu strukturieren. Als Beispiel seien die skandinavischen Länder genannt, wo Pflege staatlich organisiert ist, wo ordentliche Löhne gezahlt werden und dem zu Pflegenden trotzdem noch der größte Teil seiner Rente bleibt. 

Erfreulich dagegen die Entwicklung bei „Hilfen für Flüchtlinge“ bezüglich der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften. Hier ist eine deutliche Verringerung der Aufwendungen zu verzeichnen. 
Auch die „corona“-bedingte, dauerhafte höhere Beteiligung des Bundes an den Kosten für Unterkunft bei Bedarfsgemeinschaften wirkt sich an dieser Stelle positiv auf die Erträge der Kreiszuschüsse aus.

Die Freiwilligkeitsleistungen, sowie die Leistungen für Bildung und Teilhabe runden sozusagen das Bild des Sozialhaushaltes ab. Hier wird letztendlich den Menschen, die es aus vielerlei Gründen nicht alleine schaffen, geholfen, als gleichberechtigter Bürger am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. 

In diesem Zusammenhang halten wir es für richtig, dass die Finanzierung der Familienzentren künftig von der Senkung der Kreisumlage abgekoppelt wird.
Mit 180.000 Euro haben die Kommunen, die bereits ein Familienzentrum betreiben, Planungssicherheit. Für potenziell neu Hinzukommende stehen weitere 199.000 Euro zur Verfügung.
Positiv bleibt festzustellen und ich darf hier den Geschäftsführer des Diakonischen Werkes TBB, Herrn Pempe zitieren, …“dass in Familienzentren, Menschen, an die man sonst nicht herangekommen wäre, dieses niederschwellige Angebot sozialer Fürsorge gerne annehmen …“

Windelkonzeption

Ein weiteres, von der SPD lange gefordertes Anliegen, einer Windelkonzeption, wird nun umgesetzt.

Der Main – Tauber - Kreis übernimmt die entstehenden Kosten der Entsorgung von Windeln für Menschen, die an Inkontinenz leiden und für Kleinkinder bis zwei Jahre. 

Einer schnellen Umsetzung dieses Beschlusses folgend, hat sich der Kreistag darauf verständigt, zunächst notwendige Windelsäcke (12 Säcke mit je 60 Liter Volumen pro Person und Jahr) bereit zu stellen.

Man kann, wie die Kollegen der Freien Wähler es tun, gerade im Hinblick auf Vermeidung von Plastik über umweltpolitische Bedenken diskutieren, aber nur dann, wenn man nicht Betroffener ist. Ich denke, hier überwiegt die konkrete Hilfe für Familien.
In Creglingen beispielsweise, wird das bereits seit über 10 Jahren so angeboten und laut Stadtverwaltung stellt weder der Verwaltungsaufwand noch die Handhabung mit den Säcken ein Problem dar.

Es gäbe m.E. eine durchaus praktikable Alternative zu den Plastiksäcken. Windeln mussten bisher auch irgendwie entsorgt werden, wobei angenommen werden kann, dass die betroffenen Familien gerade wegen der Windeln eine Mülltonne mit größerem Volumen nutzen.
Wäre es da nicht am unbürokratischsten, die Mehrkosten von der kleineren zur 
nächstgrößeren Mülltonne zu übernehmen.

Den Einmalzuschuss in Höhe von 96 Euro für Stoffwindeln können wir auch mittragen. Hier eine Ökobilanz hier aufzustellen, ist müßig. Wir sollten wir die Eltern entscheiden lassen, für welche Form der Windel sie sich entschließen.

Biomusterregion

Einmal mehr beweist der Landkreis, dass er in der Lage ist solidarisch zu handeln.
Alle Städte und Gemeinden standen hinter der Bewerbung zur Biomusterregion. Begeisternd zu sehen war auch die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger aus unterschiedlichsten Bereichen an den vorausgegangenen Workshops, in denen unter fachlicher Begleitung von Neuland+ ein Konzept erarbeitet wurde, das uns als Biomusterregion ausweist.
Noch im vergangenen Jahr in meiner Haushaltsrede war dies ein Herzenswunsch von mir, der sich nun erfüllt hat.
Nicht erst die Pandemie zeigt, dass sich das Verhalten der Verbraucher verändert hat. Regional einkaufen, nachhaltig erzeugte Lebensmittel, möglichst frei von Schadstoffen.
All das wird den Verbraucherinnen und Verbraucher immer wichtiger.
Deutlich festmachen kann man das an den hohen Besucherzahlen auf den Regionalmärkten in unserem Kreis. 
Nach Besetzung der Stelle eines/er Regionalmanager/In werden wir die Schätze unseres Kreises noch besser heben und eine enge Vernetzung zwischen Erzeuger und Verbraucher schaffen.

Klimaschutzkonzept Main-Tauber

Deutschlands offizielles Klimaziel sieht vor, seine Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 um 80 bis 95 % im Vergleich zum Referenzjahr 1990 zu senken. Wir haben uns mit unserem Klimaschutzkonzept schwerpunktmäßig für Solar- und Freiflächenphotovoltaik, Energieeffizienz und Infrastruktur für Elektromobilität ausgesprochen.
Unsere kreiseigenen Gebäude werden bei Sanierungen sukzessiv unter diesen Gesichtspunkten ausgebaut und erneuert. Die Errichtung zweier neuer E-Ladestationen in TBB /(Schmiederstraße) stellt einen weiteren Baustein dieses Klimakonzeptes dar. 


Mittelfristige Finanzplanung

Wie anfänglich beschrieben, schauen wir von Optimismus getragen in die kommenden Jahre, wofür auch die die hohen Investitionssummen der mittelfristigen Finanzplanung der Jahre 2021 bis 2024 deutlich Zeugnis ablegen.
Dennoch ist den Zahlen klar zu entnehmen, dass sich Veränderungen ergeben werden. Motto: „Die fetten Jahre sind erst einmal vorbei!“ Denn die voraussichtliche Nettoneuverschuldung wird bis 2024 auf 46,5 Mio Euro steigen.
Dieser stehen jedoch auch Bruttoinvestitionen in Höhe von 96,3 Mio. gegenüber, 
was, trotz allem, verglichen mit dem heutigen Schuldenstand von ca. 17 Mio Euro eine Steigerung in vier Jahren um 274% bedeutet.  
Wir werden also gezwungen sein, Einsparpotenzial zu finden.

In diesem Zusammenhang wird das vom Kreistag bereits beschlossenen Instrument einer „Globalen Minderausgabe“ von der SPD Fraktion zum jetzigen Zeitpunkt mehrheitlich abgelehnt. Der durch die Pandemie entstandene Rückgang der Wirtschaftsleistung und damit auch der Rückgang von Investitionen, erfordert von den öffentlichen Haushalten ein antizyklisches Verhalten, das heißt, mehr statt weniger öffentliche Investitionen. 
Wenn sich durch diese volks- und betriebswirtschaftlich richtige Vorgehensweise und das Ende der Pandemie die Wirtschaft erholen wird, ergeben sich in den öffentlichen Haushalten wieder entsprechend mehr Sparpotenziale.

Deshalb hat die SPD - Fraktion vorgeschlagen, zeitnah nach der Sommerpause und rechtzeitig vor der neuen Haushaltsberatungen für 2022, eine Haushaltsstukturkommision einzusetzen. Die Vergangenheit hat auch hier schon bewiesen, dass damit große Erfolge erzielt werden können.

Zum Schluss gilt es Dank zu sagen. 

Ihnen Herr Landrat für die Ihre Arbeit und Ihren engagierten Einsatz für den Kreis in den letzten 16 Jahren und natürlich für die Einbringung Ihres letzten Haushaltes.
Für weitere Würdigungen wird es sicherlich an anderer Stelle noch Gelegenheit geben
  
Dank an die Dezernate und deren Mitarbeiter/Innen vor allem auch der Kämmerei.
Wir wissen, dass wir Herrn Freithof und Herrn Freitag in Sachen „Vorbereitung Haushalt“ sehr viel  Arbeit bereiten.

Ein herzlicher Dank auch an Frau Bopp und Herrn Fischer, sowie an alle Sitzungsverantwortlichen, die immer für reibungslose Abläufe sorgen.

Und last but not least auch an Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen einen Dank, verbunden mit dem Wunsch auf weiterhin gute Zusammenarbeit der demokratischen Fraktionen. 

Vielen Dank.

 

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