Rede zum Haushalt der Stadt 2013

Veröffentlicht am 12.01.2013 in Fraktion

Die Haushaltsrede des SPD-Fraktionsvorstitzenden im Gemeinderat, Klaus-Dieter Brunotte, gehalten im Dezember 2012: Die SPD-Fraktion setzt auf Haushaltskonsolidierung und kritisiert Klientelpolitik.

Stellungnahme der SPD-Fraktion zum Haushalt der Stadt Bad Mergentheim 2013

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Udo Glatthaar, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Haushaltslage ist stark angespannt. Es ist dabei kein Trost, dass etwa 2,5 Mio. Euro Unterdeckung auf die Tatsache zurück zu führen ist, dass das neue System die Erwirtschaftung von Abschreibungen vorsieht und wir deshalb nach den alten Haushaltsprinzipien theoretisch um diese 2,5 Mio. Euro besser dastehen würden. Denn auch nach altem System kämen wir um eine Neuverschuldung nicht herum. Und das in einer Zeit, wo in Deutschland die Finanzquellen sprudelten. Hier sollte eigentlich die Verschuldung zurückgeführt werden.

In dieser prekären Situation räumt die SPD-Fraktion der Haushaltskonsolidierung oberste Priorität ein. Nur ein gesichertes finanzielles Fundament kann die Zukunft der Stadt nachhaltig sichern. Deshalb haben wir uns dafür eingesetzt, im kommenden Jahr vorrangig nur bereits begonnene Investitionsmaßnahmen zu Ende zu führen und ansonsten bei den Neuinvestitionen sozusagen eine „schöpferische Pause“ einzulegen. Im Stellenplan sollte außer bei gesetzlichen Verpflichtungen eine Nullrunde bei den Beförderungen verordnet werden. Die SPD-Fraktion hat für den Haushalt 2013 deshalb fast ausschließlich Anträge eingebracht, die eine finanzielles Entlastung bei den Ausgaben und Investitionen bedeutet hätten.

Im Bereich des Stellenplans haben wir mit anderen vorgeschlagen, auf die eingestellten Gelder für die Wiedereinführung eines Beigeordneten in diesem Jahr zu verzichten. Dem Grundsatz nach halten wir die Neuschaffung der Stelle eines Beigeordneten in Bad Mergentheim wegen der unbestreitbaren Aufgabenvielfalt durchaus für sinnvoll. Sie sollte aber einhergehen mit dem Umbau der Organisationsstruktur bei der Stadtverwaltung. Wir versprechen uns davon, eine Erhöhung der Personalkosten weitgehend vermeiden zu können. Der Antrag aller Fraktionen, eine Organisationsuntersuchung durchführen zu lassen mit dem Ziel, eine größtmögliche Effizienz bei geringstmöglichen Kosten in Bezug auf die Verwaltung zu erzielen, ist in die vorbereitende Planung zur Schaffung der Stelle eines Beigeordneten mit einzubeziehen. Da die Stellenbesetzung realistischer Weise nicht vor 2014 erfolgen wird, brauchen im Jahr 2013 noch keine Mittel dafür eingesetzt zu werden.

Verschiedentlich war in den letzten Tagen der Vorwurf zu hören, der Gemeinderat wolle das Stadtfest abschaffen. Meine Damen und Herren, davon war in den Beratungen von keiner Seite und von keiner Fraktion die Rede. Wir von der SPD verfolgen das Ziel, das Stadtfest in ein richtiges Bürgerfest umzuwandeln, so wie dies in den meisten unserer Nachbargemeinden schon lange mit Erfolg durchgeführt wird. Als Ausrichter könnten die hiesigen Vereine, die hiesige Gastronomie oder auch ein noch zu schaffender „Bürgerfestverein“ in Eigenregie agieren. Ein großes Altstadtfest soll auch weiterhin erhalten bleiben. Deshalb sind dafür wie bisher Kosten für Leistungen des Bauhofs in einer Höhe von 17 000 Euro im Haushalt enthalten.

In Anbetracht der Haushaltslage muss die Stadt bei der Schaffung von Neubaugebieten verstärkt die Nachfragesituation berücksichtigen. Es kann nicht sein, dass eine Infrastruktur geschaffen wird, die praktisch auf viele Jahre oder sogar auf Jahrzehnte ungenutzt bleibt. Das hier unnötig investierte Geld fehlt an anderen Stellen, wo es dringend gebraucht werden könnte. Die uns von der Verwaltung vorgelegten Zahlen weisen für das Jahr 2013 lediglich für das Bebauungsgebiet Auenland II eine so hohe Nachfrage aus, dass hier unverzüglich Bauland entwickelt werden sollte.

Zum Thema mit dem weihnachtlichen Etikett „Alle Jahre wieder“ gehört unsere Forderung nach neuen Gewerbeflächen. Zum wiederholten Mal weisen wir darauf hin, dass zur Zeit kein befriedigendes
Angebot an Gewerbeflächen besteht. Im Gewerbegebiet Ried stehen höchstens noch etwa 4 Hektar zur Verfügung, das ist zu wenig für eine größere Ansiedlung. Auch das Gebiet „Am Braunstall“ ist von der Größe und der Topographie her gesehen nur bedingt geeignet. Wir möchten deshalb erneut anregen, entlang des Autobahnzubringers nach geeigneten Flächen zu suchen, eventuell auch im Verbund mit Nachbargemeinden. Einen entsprechenden Antrag haben wir in den Vorberatungen zum Haushalt gestellt.

Ebenfalls wiederhole ich die Bitte vom vorigen Jahr, dass der Leiter des Amtes für Wirtschaftsförderung dem Gemeinderat einen Rechenschafts- und Erfolgsbericht vorlegt. Die Bedeutung von Arbeitsplätzen ist für eine
Kommune bekanntlich kaum zu überschätzen. Das gibt dem Amt für
Wirtschaftsförderung seinen besonderen Stellenwert. Wir haben einen solchen Bericht schon mehrfach gefordert und erwarten von der Verwaltung, es diesmal nicht bei Zusagen bewenden zu lassen, sondern diesen Wunsch ernst zu nehmen.

Wenn der Haushalt finanziell gesehen auch nicht in besonderem Maße davon betroffen ist, so hat sich die Steuererhöhung bei der Hundesteuer – wie vorauszusehen – zu einem viel diskutierten Politikum entwickelt. Deshalb möchte ich darauf eingehen: Es erweist sich, dass die Bürger ein feines Gespür für Steuergerechtigkeit besitzen. Sie empören sich darüber, dass einerseits die Steuer kräftig angehoben wurde und andererseits Jagdgebrauchshunde von der Steuer befreit wurden. Das Argument, es sei unbillig, Hunde, die durch Unfälle verletztes Wild suchen, mit einer Steuer zu belegen, ist nachweislich falsch, weil für diese Hunde – Nachsuchenhund genannt – schon bisher gar keine Steuern bezahlt werden müssen. Man braucht nur in der bisher gültigen Satzung von
2006 nachzulesen. Da findet man unter „§ 7 Steuerbefreiungen“ den Punkt Nummer fünf. Hier wird Hunden, die als Nachsuchenhund eingesetzt werden, ausdrücklich Steuerbefreiung gewährt. Und das ist auch in Ordnung so, denn sie erfüllen eine öffentliche Aufgabe. Neu eingefügt ist jetzt durch Mehrheitsbeschluss im Gemeinderat der Punkt Nummer sechs, wonach Jagdgebrauchshunden, die u. a. von Jagdpächtern und Inhabern von Begehungsscheinen eingesetzt werden, nun ebenfalls Steuerfreiheit eingeräumt wird. Nun sagen Jagdpächter selbst, dass für sie die Jagd auch ein privates Hobby darstellt. Wer für ein Hobby Steuervorteile gewährt, der schafft Sonderrechte, in diesem Fall Steuerprivilegien für Jäger! Das ist so ziemlich einmalig in Baden-Württemberg und wird einer
Normenkontrolle kaum standhalten, und zwar nicht nur nach unserer Meinung, sondern auch nach Auffassung vieler Fachleute im Kommunalrecht. Sie empfehlen die Einleitung eines Normenkontrollverfahrens, um die Rechtmäßigkeit der Steuerbefreiung von Jagdgebrauchshunden feststellen zu lassen. Jede juristische Person, also jeder Bürger, kann dieses Verfahren beantragen. Wir beklagen diese Art von Klientelpolitik. Denn wir sind schließlich alle dafür gewählt worden, um uns für das Gesamtwohl einzusetzen und nicht für Sonderrechte kleiner Gruppen. In diesem Zusammenhang stellen wir hiermit den Antrag, alleinstehende Personen im Rentenalter mit geringem Einkommen von der Hundesteuer für den ersten Hund zu befreien. Als Kompensation für die Einnahmeausfälle ist die Steuerbefreiung für Jagdgebrauchshunde wieder zu streichen.

Wer für die Energiewende ist, die in der jetzigen Form von der CDU-geführten Bundesregierung eingeleitet wurde, der darf die sich bietenden Alternativen nicht ablehnen. In unserer Region wurde bisher weder Öl noch Gas gefunden, aber mit der Windkraft besitzen wir endlich einmal eine Energiequelle, bei der das Geld nicht in andere Regionen abfließt, sondern hier vor Ort bleiben kann. Auch die Stadt sollte diese Chance nutzen, denn sie hat es dringend nötig. Es
erweitert den Spielraum für Investitionen und mindert den Druck auf
kommunale Steuererhöhungen. Wir ermuntern die Verwaltung, den
eingeschlagenen Weg mit diplomatischem Fingerspitzengefühl und Energie
weiterzuverfolgen, ggfs. auch über Gemeindegrenzen hinweg.

Die Straßensanierungen im Zusammenhang mit dem Naturwärmekraftwerk werden sich bis ins nächste Jahr hinziehen. Der bisherige Verlauf ist nicht ganz so gewesen, wie wir uns das gewünscht hätten. Lange Zeit haben die Bürger, weil sie vorab informiert worden waren, Behinderungen ohne große Klagen hingenommen. Dann mehrten sich aber Schwierigkeiten und Pannen und die Unruhe in der Bevölkerung wuchs. Wir bitten die Verwaltung, durch eine offensive Informationspolitik im Internet, in der Presse und an den Baustellen, bevor mit den jeweiligen Baumaßnahmen begonnen wird, die Bürger und Gäste über die Notwendigkeit und voraussichtliche Dauer der Baumaßnahmen zu informieren und um Verständnis zu bitten.

Kein Verständnis haben wir für den Vorschlag der CDU, die Kapuzinerstraße und den Deutschordensplatz in dieser Zeit des extremen Geldmangels aufwändig umzugestalten. Wo bleibt hier der sonst viel beschworene Sparwille? Es reicht unseres Erachtens vollständig aus, den ursprünglichen Zustand mit dem ohnehin vorhandenen Material, nämlich Porphyr, wiederherzustellen. Wir sind froh, dass der Antrag keine Mehrheit gefunden hat. Das erspart uns ca. eine Million Euro!

Das apodiktische Nein der Stadtratsmehrheit zum ökologisch-pädagogischen Zentrum trotz des großen Interesses der Schulen in der ganzen Umgebung hat die Stadt um die einmalige Chance gebracht, ihrem Anspruch als Mittelpunktszentrum gerecht zu werden. Sicherlich sind Fragen zur finanziellen Belastung der Stadt und nach der Nachhaltigkeit der sog. „Manpower“ berechtigt. Mehr als einmal haben wir uns aber auch anhören müssen, da entstehe doch nichts anderes als eine verdeckte Parteizentrale. Diese Meinung verkennt den Stellenwert der Naturschutzgruppe, in der jede politische Couleur vertreten ist. Deshalb offenbart eine solche Aussage ein Ausmaß an ideologischer Verblendung, die wir überwunden geglaubt haben. Das schadet dem politischen Klima in der Stadt und der Zusammenarbeit und damit den Bürgern insgesamt. Wir bitten die besonnenen Kräfte, „Hardlinern“ entgegenzuwirken. Wir sind sehr gespannt darauf, was die Interessenten aus dem Gärtnerhaus machen wollen. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen.

Der Tourismus steht in Bad Mergentheim nach wie vor sehr hoch im Kurs. Wir erwarten mit mehr als 110 000 Gästen einen Allzeitrekord trotz der vielen schlechten Vorzeichen wie der abwesenden Stuppacher Madonna und der Tragödie um das Solymar. Der Tourismus beschert der Stadt einen Jahresumsatz von ca. 150 Mio. Euro. Das zeigt den überragenden Stellenwert dieser Wirtschaftsbranche für die Stadt. Nun muss den Gästen aber auch etwas geboten werden. Landschaft und Geschichte allein genügen nicht. Der Zusammenhang zwischen Veranstaltungen und Gästeübernachtungen ist evident. Immer wenn etwas geboten wird, ist Bad Mergentheim ausgebucht, in ereignisschwachen Zeiten dagegen gibt es freie Betten in Hülle und Fülle. Es ist deshalb für Bad Mergentheim ein zweischneidiges Schwert, bei kulturellen Veranstaltungen zu sparen. Den Sparwillen ausgerechnet und immer wieder zuallererst im sensiblen kulturellen Bereich zu demonstrieren, kann für die Kur- und Badestadt tödlich sein. Was ist denn schon eingespart, wenn gleichzeitig die Einnahmen wegbrechen?

Überzogenen Begehrlichkeiten muss allerdings in Zukunft entschlossen entgegengetreten werden. Bei „Jeunesse musicale“ steht für Berufsmusiker kein so teurer Flügel zur Verfügung wie für die Schüler am DOG. Die Entscheidung, in eine Stadt zu ziehen, oder für eine Betriebsansiedlung hängt auch entscheidend davon ab, was die Stadt für soziale Einrichtungen zu bieten hat und wie hoch der Freizeitwert ist. Deshalb muss der Blick auch auf andere Bereiche gelenkt werden, wenn weitere Einsparungen unumgänglich werden sollten. Grundsätzlich gehören alle Bereiche auf den Prüfstand!

Mit Blick auf die Zeitvorgabe hier zu einigen weiteren Themen nur noch kurze zusammenfassende Bemerkungen: Wir freuen uns, dass es nach großen Schwierigkeiten doch noch gelungen ist, eine tragbare Basis für die Existenz des Jugendhauses in offener Jugendarbeit mehrheitsfähig zu machen. Erfreulich ist auch, dass sich nach Aussagen der Verwaltung die beiden Konfessionen in Wachbach auf eine Leitung des neuen Kindergartens geeinigt haben, sodass die Voraussetzungen für eine zügige Verwirklichung des Kindergartens erfüllt scheinen.

Das Endlosthema Altersheim muss endlich vom Beratungstisch! Es besteht Konsens im Gemeinderat, dass im März 2013 die Entscheidung fallen soll. Viel wäre zum Solymar zu sagen und zu einem geradezu dreisten Insolvenzverwalter. Doch das Thema wird uns im neuen Jahr noch öfter beschäftigen. Mit Druck und Kontrolle muss die Verwaltung weiteren Verzögerungen vorbeugen. Das Solymar braucht wieder positive Schlagzeilen!

Herr Oberbürgermeister, auch in diesem Jahr möchte ich mich namens der SPD-Fraktion für das demokratische Miteinander und für Ihre Kompromissbereitschaft, für Ihre unaufgeregte und ausgleichende Art der Sitzungsleitung sowie für den offenen und ehrlichen Umgangston ganz herzlich bedanken, verbunden mit der Hoffnung, dass es so bleiben möge. In den Dank einbeziehen möchte ich ausdrücklich die Finanzverwaltung mit Herrn Wirtz und Frau Fackelmann an der Spitze, die den Haushaltsentwurf visualisiert und dadurch anschaulich gemacht haben und mit uneingeschränkter Bereitschaft und Geduld den Fragen und Wünschen des Gemeinderats stets freundlich nachgekommen sind.

Außerdem möchte ich mich bei allen anderen Stellen der Verwaltung für ihre Auskunftsbereitschaft und freundliche Zusammenarbeit bedanken. Schließlich gilt mein Dank allen Stadtratskollegen für die stets faire Zusammenarbeit auch bei inhaltlichen Dissensen. Möge es so bleiben in saecula saeculorum (in alle Ewigkeit)!

Mit den heute vollzogenen Beschlüssen kommt der Sparwille im Haushalt gebührend zum Ausdruck. Er findet deshalb die Zustimmung der SPD-Fraktion. Dem Stellenplan stimmen wir ebenfalls zu."

 

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