Wahlplakat der SPD 1932Beim letzten Stammtisch der Jusos im Eiscafé Cortina war die Geschichte der Bad Mergentheimer Sozialdemokratie Thema. Der Fraktionsvorsitzende der SPD im Gemeinderat und stellvertretende Oberbürgermeister Klaus-Dieter Brunotte referierte über die lange Tradition der SPD in der Kurstadt.
Gegründet wurde der SPD-Ortsverein im Jahr 1918, damit sind die Sozialdemokraten die bei weitem traditionsreichste Partei Bad Mergentheims. Der Ortsverein, dessen erster Vorsitzender der Schreinermeister Georg Eichhorn war, wurde in den ersten Jahrzehnten getragen vom „handwerklichen Mittelstand“. ...
Nach dem Verbot durch die Nazis wurde der SPD-Ortsverein im November 1945 – also vor genau 65 Jahren – durch die Amerikaner wieder zugelassen. Eine regelrechte Beitrittswelle, vor allem durch junge Mitglieder, erlebte man in den Jahren zwischen 1967 und 1975, eine Folge der gesellschaftspolitisch bewegten Zeit, die geprägt wurde von der Studentenbewegung, das Hinterfragen der Nazi-Vergangenheit durch die junge Generation und einen gesellschaftlich-kulturellen Aufbruch, mit dem die verkrusteten Strukturen im Nachkriegsdeutschland Stück für Stück erneuert wurden.
Beim konservativen Establishment freilich waren die kritischen jungen Leute nicht gerade wohl gelitten – so auch in Bad Mergentheim. Brunotte erinnerte daran, dass dem Kabarettisten Dieter Hildebrandt in den Siebzigerjahren ein Auftritt in der Kurstadt verwehrt wurde, was bis heute ein einmaliger Vorgang in Hildebrandts erfolgreicher Karriere blieb. Es gelang der SPD und den 1967 gegründeten Jusos jedoch später doch noch, Hildebrandt nach Bad Mergentheim zu holen, ebenso den Schriftsteller Günter Grass. Zu den Highlights zählen auch die Besuche Willy Brandts in den Jahren 1961 und 1977. Im Jahr 1974 wurde dann mit Rose Gruner erstmals eine Frau Ortsvereinsvorsitzende. Die Arbeit des Gemeinderats wird von der SPD als Fraktion seit 1971 entscheidend mitgeprägt.
In den Neunzigerjahren war der Ortsverein maßgeblich beteiligt an der Bürgerinitiative gegen die geplante Tiefgarage unter der Turnhalle am Oberen Graben, die 1991 die Durchsetzung des ersten und bisher einzigen Bürgerentscheids in der Badestadt erreichte. Vier Jahre später wurde mit Uwe Hülsmann erstmals ein Sozialdemokrat zum Oberbürgermeister gewählt. Auch im neuen Jahrtausend ist der SPD-Ortsverein weiterhin aktiv in der Bad Mergentheimer Politik engagiert. Die Neugründung der Jusos im Sommer 2009 verdeutlicht den Anspruch, die Interessen der jungen Menschen in Stadt und Umgebung zu vertreten.
Nach Klaus-Dieter Brunottes Vortrag wurden aktuelle Themen besprochen. „Die Jusos begrüßen die jüngsten Aktionen der IG Metall im Main-Tauber-Kreis. Auch wir halten das Sparpaket und die Gesundheitspolitik der Bundesregierung für sozial ungerecht“, so Jonas Köhnert. „Außerdem treten wir der verbreiteten Praxis in der Arbeitswelt entgegen, vor allem jungen Arbeitnehmer/innen mehrmals in Folge nur befristete Verträge zu geben und Berufsanfänger mit nicht oder schlecht bezahlten Praktika auszubeuten. Junge Menschen brauchen eine faire Perspektive!“, ergänzte der Sprecher der Jusos, Frederick Wunderle.